Kinderleicht sind Abschlussprüfungen selten. Dieser süße Gruß zweier Lehrerinnen soll motivieren. Nur: „Glauben heißt nicht wissen“, sagen manche. „Glück haben alle außer mir“, behaupten andere. „Geduld haben sie.“ Ich habe sie nicht. „Erfolg kennen alle!“ Bei mir ist es mal so, mal so. Das kann mir Angst machen. Und jetzt?
Wenn in der St. Mauritius-Sekundarschule Schülerinnen und Schüler aus den 10. Klassen in Deutsch, Englisch und Mathematik schriftlich im Zusammenhang mit ihren Abschlussprüfungen abgefragt werden, ist das eine spannende Sache. Für viele Beteiligte. In der Schule oder außerhalb davon. Nicht nur für die, die ihr Wissen und ihr Können zu beweisen haben. Sondern auch für jene, die Ergebnisse bewerten müssen. Kinderleicht ist das nicht. Bei allem Wohlwollen: Wo nichts ist, kann auch keine hervorragende Zensur gegeben werden. Andererseits kann sich Geleistetes und Gelerntes auch lohnen.
Ich brauche beides. Als Kind, als Jugendlicher und als Erwachsener: Geduld mit mir und anderen und eine Art „roter Faden“, der mir deutlich macht, wo es langgeht oder wo ich hinwill. Überstürztes Handeln oder Lassen sind beide nicht zielführend. Ich darf Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten haben. Denn auch wenn andere Gegenteiliges behaupten mögen: Ich glaube an mich! An meine Kompetenzen, die ich habe. Denn: Niemand kann nichts. Die vergangenen Schuljahre waren nicht vergebens oder gar umsonst.
Nicht nur Jugendliche vergleichen sich gern. Es ist uncool, zugeben zu müssen, dass ich manches nicht kann. Wenn und weil meine Begabungen woanders zu finden sind. Nicht immer im schulischen Kontext. Doch so spitzenmäßig, wie manche es gern von sich behaupten, sind sie nicht. Sie kochen ebenfalls nur mit Wasser. Können sich unter Umständen aber besser inszenieren oder ins rechte Licht setzen als andere.
Jesus erzählt einmal seinen Zuhörenden, wie ich finde, Bemerkenswertes. Nachzulesen im Matthäusevangelium bei Mt. 25, 14–30 Jemand geht auf Reisen und vertraut dreien seiner Mitarbeiter sein Vermögen an. Zwei von ihnen bringen es fertig, dieses durch ihr geschicktes Handeln zu vervielfachen. Dafür werden sie reich belohnt. Und der Dritte? „Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mann bist … Weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. „Sieh her, hier hast du das Deine.“ (vgl. Mt. 25, 24 f.) Das sagt er, als er Rechenschaft ablegen muss. Das war zwar ehrlich, aber nicht das, was jener erwartet hatte, der ihm einen Teil seines Vermögens anvertraut hatte.
Angst ist ein schlechter Ratgeber. Nicht nur in der St.-Mauritius-Sekundarschule. Klassenarbeiten, Tests und Prüfungen sind für die Wenigsten etwas, das sie gelassen oder entspannt angehen. Lernenden und Lehrenden geht es gleichermaßen. Mit dem Unterschied: Pädagogen müssen bewerten. Schülerinnen und Schüler haben Ergebnisse abzuliefern, für die sie zensiert werden.
Jede Abschlussprüfung geht einmal vorüber. Wer dabei an sich glaubt und Gelerntes gut umsetzen kann, hat gute Chancen auf ein Ergebnis, über das sie oder er sich freuen kann. Aber auch für jene, die an einem Prüfungstag nicht das beste Resultat, aus welchem Grund auch immer, erreichten und hinter ihren Erwartungen und denen anderer an sie zurückgeblieben sind, ist noch lange nicht aller Tage Abend. Denn schon bei der nächsten Gelegenheit habe ich die Möglichkeit, darzustellen und zu beweisen, wo meine persönlichen Stärken liegen. Davor brauche ich keine Angst zu haben.
Br. Clemens Wagner OFM